Der Vorverkauf für das 23. poesiefestival berlin (17.–23. Juni) beginnt. Das Festival der Dichtung unter dem Motto „All that poetry“ findet nach einer Online- und einer Hybridausgabe endlich wieder in Präsenz in der Akademie der Künste am Hanseatenweg statt. Es beteiligen sich über 150 KünstlerInnen aus 33 Ländern.
Bei Weltklang – Nacht der Poesie (FR 17.6. | 19.30), dem großen Konzert der Stimmen in Versen und Sprachen, wird mit Spannung eine aktuelle Stimme aus der Ukraine erwartet: Halyna Kruk (geboren 1974 in Lwiw, Ukraine) will nicht „über Sterne am Himmel schreiben, wenn es etwas Wichtigeres, Zeitnahes und Aktuelles gibt“. Sie liest eigens für Weltklang verfasste Gedichte, die sich mit dem Krieg in der Ukraine auseinandersetzen. Darüber hinaus sind dieses Jahr auf der Bühne zu erleben: Raymond Antrobus (JAM/GBR) – er schreibt u.a. über den alltäglichen Rassismus und die Diskriminierung von Gehörlosen, Agustín Fernández Mallo (ESP) – weltweit verehrt als originellster Dichter seiner Generation, aber in Deutschland ein Geheimtipp, Dorothea Grünzweig (DEU) – seit 1989 wohnt sie in Finnland und in ihren Gedichten mischen sich samische Mythologie und schwäbische Kindheit. Des Weiteren: Mihret Kebede (ETH) schreibt auf Amharisch und arbeitet nicht nur als Dichterin, sondern auch als Performerin und Künstlerin. Kim Yideum (KOR) ist bekannt für ihre dezidiert feministische Dichtung und unterläuft Gesellschaftsnormen mit Erotik und Sarkasmus. Wulf Kirsten (DEU) entdeckt in den Schichtungen der Landschaft Geschichte und Gegenwart. Aleš Šteger (SVN) ist einer der bekanntesten Autoren Sloweniens, Kosmopolit und Reisender. Julia Wong Kcomt (PER), Peruanerin mit chinesischen Wurzeln, spricht mit großer Luzidität direkt aus der diasporischen Seele.
Vertiefende Poesiegespräche mit Antrobus, Kebede, Kruk, Yideum, Mallo und Wong Kcomt leuchten das Werk der einzelnen KünstlerInnen genauer aus.
Die Festivalausstellung AI ANCESTORS – Making Kin in the Future (MI 15.6. und DO 16.6. | 13.00–19.00 sowie festivalbegleitend tgl. 13.00–22.00) erforscht spekulative und nachhaltige Seinsweisen durch Körper, Poesie und Sound und lädt die BesucherInnen ein, „zärtlichere Zukünfte sinnlich zu erspüren“, so die Kuratorin Rike Scheffler. Die präsentierten Stimmen beziehen sich auf dekoloniale, intersektionale, trans- und ökofeministische Ansätze, auf nicht-westliche und indigene Lebensweisen und Wissenssysteme. Sie ergründen animistische Mythen in Tibet und Ko-AutorInnenschaft mit Künstlicher Intelligenz, sie reagieren auf den Herzschlag der BesucherInnen und flüstern ihnen Gedichte der Zukunft zu. Die Ausstellung wird begleitet von einem Rahmenprogramm mit verschiedenen Performances und Gesprächen sowie einem Workshop. Mit Werken von K Allado-McDowell (USA), Rike Scheffler (DEU), Himali Singh Soin (IND/GBR) und David Soin Tappeser (DEU) sowie Louise Walleneit (DEU).
Die Berliner Rede zur Poesie 2022 (SO 19.6. | 19.30) hält Michèle Métail (FRA). Darin schreitet sie in 17 Kapiteln die Stationen ihrer Werkgeschichte ab und entwirft eine Poetik des Dazwischen, in der sich das Gedicht in ein „Rätsel mit mehreren Lösungen“ verwandelt. Michèle Métail hält die Rede auf Deutsch. „Die Zwischensprache“ erscheint zur Veranstaltung auf Deutsch und Englisch im Wallstein Verlag.
Im Fokus des Übersetzungsworkshops VERSschmuggel (DI 21.6. | 20.00) steht Lyrik aus vier der Nachfolgestaaten Jugoslawiens: Acht DichterInnen aus Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Montenegro und Serbien treten in den Austausch mit wiederum acht DichterInnen aus den deutschsprachigen Ländern Deutschland, Österreich und der Schweiz. Erstmals nach dem Zerfall Jugoslawiens versammeln sich vier kulturelle Institutionen, um eine solche Begegnung zu ermöglichen: PEN Bosnien und Herzegowina, Hrvatsko društvo pisaca (Kroatien), Kulturno – informativni centar „Budo Tomović“ (Montenegro) sowie Kulturni centar Beograda (Serbien). Als AutorInnen sind dabei: Bjanka Alajbegović (BIH), Alen Brlek (HRV), Sandra Burkhardt (DEU), Daniela Chana (AUT), Nikola Ćorac (MNE), Franziska Füchsl (AUT), Sascha Garzetti (CHE), Almin Kaplan (BIH), Norbert Lange (DEU), Tristan Marquardt (DEU), Jana Radičević (MNE), Stefan Schmitzer (AUT), Maša Seničić (SRB), Raphael Urweider (CHE), Bojan Vasić (SRB) und Martina Vidaić (HRV).
Die Traumfabrik – poetische Kartographie von Afrikas neuer Urbanität (SA 18.6. | 19.00) gibt reichlich Gelegenheit, sich von vorgefassten Meinungen über den afrikanischen Kontinent zu verabschieden: mit Musik, Dichtung und Diskussionen über die Urbanität, die Diaspora und den Afrofuturismus. Die neue Urbanität gleicht einer Traumfabrik, in der Religion, Sprachen, Identität und Geschlecht sich ständig neu erfinden, sie ist ein Schmelztiegel der Kunst und der Popkultur. Mit Fiston Mwanza Mujila (COD/AUT), Kareyce Fotso (CMR), Ngwatilo Mawiyoo (KEN), Mpho Matsipa (ZAF), Elisio Macamo (MOZ/CHE), Nick Makoha (UGA/GBR), Theresa Lola (NGA/GBR), Musik: Kareyce Fotso (CMR), Batila & the Dreambus (COD/DEU), Elom20ce (TGO)
Die Langgedichte von Aras Ören (TUR/DEU) „Was will Niyazi in der Naunynstraße“ (1973), „Der kurze Traum aus Kagithane“ (1974) und „Die Fremde ist auch ein Haus“ (1980) – bekannt als Berliner Trilogie (DO 23.6. | 19.30) – wurden von Björn Kuhligk (DEU) für die Bühne bearbeitet. Bis heute haben die Texte an Aktualität nichts eingebüßt. Sie erzählen von der ersten Generation türkischer ArbeitsmigrantInnen und ihrem Leben in den 1970er Jahren in einem von Armut, Degeneration und politischem Aufbruch geprägten Kreuzberg. Leopold von Verschuer (DEU) bringt sie unter Beteiligung von Sylvana Seddig (DEU) und Matthias Rheinheimer (DEU) auf die Bühne.
Das Festival blickt auch nach Belarus. Dort ist im Frühling, herausgegeben von der Lyrikerin Valzhyna Mort (BLR/USA), die Anthologie der Dichterinnen (SO 19.6. | 11.00) im Verlag Pflaŭmbaŭm erschienen. Es ist ein kleines Wunder und eine bemerkenswerte editorische und verlegerische Leistung, dass der Band über 60 belarussische zeitgenössische Dichterinnen versammelt. Nun wird das Projekt erstmals in Deutschland präsentiert. Swetlana Alexijewitsch (BLR/DEU), Gründerin des Verlags, ist eine der Rednerinnen. Mit den Dichterinnen Maria Badzei (BLR), Kryscina Banduryna (BLR), Sabina Brilo (BLR/LTU), Lina Kazakova (BLR/USA), Nasta Mancewicz (BLR), Tania Skarynkina (BLR) und der Autorin und Verlagsleiterin Alena Kazlova (BLR)
Ein Abend widmet sich der Persischen Lyrik im europäischen Exil (MI 22.6. | 19.30). „So viel vom Vaterland, wie ich in meinem Koffer hab“ nannte der 2021 in London verstorbene Dichter Esmail Kho’i ein Gedicht über das Exil. Er gehört zu den 35 persischen DichterInnen, die in der von Ali Abdollahi (IRN/DEU) und Daniela Danz (DEU) herausgegeben Anthologie „Kontinentaldrift. Das persische Europa“ in deutscher Übersetzung vorgestellt werden. Die 2021 mit „Das schwarze Europa“ begonnene Reihe, eine Zusammenarbeit vom Haus für Poesie mit dem Verlag Das Wunderhorn stellt Poesie von DichterInnen vor, deren Herkunft nicht europäisch ist, die jedoch längst ihr Zuhause in Europa gefunden haben. Mit Alireza Abiz (IRN/GBR), Fatemeh Ekhtesari (IRN/NOR), Mahmood Falaki (IRN/DEU), Mudzgan Schaffa (AFG/DEU), Musik: Roshanak Rafani (IRN/DEU), Cymin Samawatie (DEU), Ralf Schwarz (DEU), Moderation: Maryam Aras (DEU), Ali Abdollahi (IRN/DEU)
Am Sonntag wird die Akademie der Künste mit dem Lyrikmarkt (SO 19.6. | 14.00–19.00) zum poetischen Wimmelbild. Bei den Lesungen im Buchengarten lesen DichterInnen und ÜbersetzerInnen unter freiem Himmel und bei freiem Eintritt. Lyrikbände und -zeitschriften können auf dem Büchermarkt gekauft werden. Die Lyriklounge und verschiedene Workshops laden BesucherInnen jeden Alters ein, selbst aktiv zu werden.
Lutz Seiler (DEU) hat dieses Jahr den Dichterabend kuratiert: Moosbrand Reloaded (MO 20.6. | 21.00) reist in die 1990er Jahre, als die Zeitschrift Moosbrand gegründet wurde: ein selbstverlegtes bibliophiles Heft mit den Texten und Graphiken einer Gruppe befreundeter KünstlerInnen, die sich in Peter Huchels Haus in Wilhelmshorst regelmäßig zu Lesungen trafen. Thomas Böhme (DEU), Annett Gröschner (DEU), Thomas Kunst (DEU) und Kathrin Schmidt (DEU) sprechen mit Seiler über damals und die Folgen des Projekts bis heute.
Die Poetische Bildung bietet ein umfangreiches Programm an: eine Fortbildung für LyrikvermittlerInnen, Workshops für Schulklassen, ein kollektives Kettengedicht, Lesungen junger Lyrik, ein inklusives Ausstellungsprojekt u.v.m.
Aufwärmen für das Festival können sich Poesiefans wieder bei Poets‘ Corner – Lyrik in den Bezirken. Im Vorfeld des Festivals, vom 12. bis 16. Juni, finden mithilfe zahlreicher Kooperationspartner an spannenden Orten quer durch die Stadt elf Lesungen mit in Berlin lebenden internationalen PoetInnen statt.
Das poesiefestival berlin findet seit 2000 statt und gilt als das größte seiner Art in Europa. Es bringt jährlich rund 150 namhafte DichterInnen sowie KünstlerInnen aus aller Welt nach Berlin. Neben dem Buch hat sich die Dichtkunst längst auch andere Präsentationsformen gesucht und experimentiert mit Theater, Performance, Musik, Tanz, Film und digitalen Medien.
Das poesiefestival berlin ist ein Projekt vom Haus für Poesie in Kooperation mit der Akademie der Künste und wird gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds.
Präsentiert von ASK HELMUT, Deutschlandfunk Kultur, BÜCHERmagazin, EXBERLINER,
KUNSTFORUM International, Literaturport, rbbKultur, taz und tip Berlin.
23. poesiefestival berlin
17.6. – 23.6.
Akademie der Künste
Hanseatenweg 10
„WARM-UP“ vor dem Festival
Poets‘ Corner – Lyrik in den Bezirken
12.6. – 16.6.
Friedrichshain-Kreuzberg, Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf, Mitte (2x), Pankow (2x), Schöneberg-Tempelhof, Spandau, Steglitz-Zehlendorf, Treptow-Köpenick
Tickets erhältlich unter poesiefestival.org und ab 13.5. an den Tageskassen der Akademie der Künste (Pariser Platz & Hanseatenweg). Den Festivalpass gibt es ausschließlich unter poesiefestival.org
Das komplette Programm und die KünstlerInnenbiografien sind jetzt online unter: poesiefestival.org
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