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HIMALI SINGH SOIN: so grandios wie was

WASSER

Im Herzen der Quelle
erwecken wir Fels, Wind, Licht,
uns aus dieser Krise verlorener Gegenwart zu entstricken.

Es ist Zeit, unser verlorenes bla in Ritualen anzurufen.
Bla, kosmische Kraft, die durch Körper zieht,
streift durch die Welt,
wie Atem, bloß heller
elektrisch.

Geschrieben bla, als wär’s nicht lebensnotwendig,
aber gesprochen la, wie Musik in unseren Knochen.

Bla ist in Liebe gebadet am stärksten–
Liebe–
die jedes Teilchen von Zeit
im Punkt konzentriert
und bebt, wie Hitze in Gliedern.

Wie Detektive arterieller Irrtümer
scannen wir Pflanzen nach Puls.
Einhundert Schläge, dann
ein Rutsch, ein Schock, ein Krampf,
ein Schub, ein Stopp.

Die Abwesenheit von bla wird von entwurzelten Blumen bezeichnet,
als träumte die Erde stürmisch und wild.

Eine Katastrophe hat stattgefunden.
Bla entschlüpft uns wie eine Schlange aus ihrer Haut.
Wir sind Lava, der Frühling hat sich entleert.

Wir fühlen zermalmenden Schmerz im Fundament des Bewusstseins.

 

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ERDE

Ein Riss, ein Spalt, eine Wunde.
Ein Fels trieft, der Kopf schmerzt, das Herz schließt.

Wir läuten den Trommler ein, Kupfergefäße
reiten und planschen und krachen.

[ein Fels ähnelt] [Gott]
ein [Fels] ähnelt [schützendem] Geist.

Der Fels hat hundert Öffnungen,
jede, mit eigner Geschichte,
verschlungen, wie Gänge, die zueinander führen.

[und andere Felsen], die aussehn wie sitzende Formen
von Göttinnen
die [Topografie des] Nebenwesens.
[Repräsentationen des] subtilen Energiekörpers.
Fels, der Stillstand und Wachstum auf einmal [beschreibt].

Zwei schwingende Arme
im wogenden Horizont
ohne Bleibeort.

Wir beschwören, Ich liebe dich.
Der Fels wiederholt den Satz, klingelnd in
ekstatischer, besessener oder hellsichtiger Sprache.

Unsere Körper sind eine Vielzahl von Strichen: dehnen, zittern, gähnen, schwitzen.

Striche mit geschlossenen Augen. Platten mit flatternden Schultern.
Schlürfende eiserne Füße. Rollender tektonischer Torso.
Fleischlehm und Schuldlehm im Kollektivkörper.

Übertragung von Liebe durch Berührung auf Entfernung,
unsers ist euers. Ihr seid wir,
wir sind Körper jetzt.

 

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LUFT

Schwer ist die Luft, und angereichert mit Gift.
Wir müssen unsere friedlosen Winde beschwichtigen.
Wir atmen so tief, dass wir mentale Musik produzieren.
Das Ritual des Kreislaufs, das sich anbahnt.

Wo beginnt Wind?
Aus Schlitzen. Aus Spitzen.
Ein Strahl, ein Spalt, ein Maß, ein Stab, ein Strich, ein Loch, ein Horn, ein Stiel.
Als Schnürchen, als Hülle, als Flügel.

Auf einem schwarzen Platz, von Andacht benetzt.
Unraum, gemeißelt in Wände von Klippen.
Dunkelgespür.

Durch Schlupflöcher rutschen.

Hemmnisse und Hindernisse.
Stinkende, juckende, geschwollene Schürfwunden.

Wir öffnen also die Fenster zu den Außenwelten,
blasen ins Horn und
und unsere Münder quellen vom Wortklang über.
Liebe.

Wir ziehen Kanäle durch unsere Medi-Meridiane.
Vitruvianische Vesuviane.

Folgen einer anderen Ordnung,
Kosmologie von Beziehungen
zwischen fest und Geist.

Räuspern mit einem Befehl.
Lungenöffnen im Pfeifen.
Synchronisieren des binauralen Gehirns.

Unsere Finger halten Atmosphäre
wie Stimmgabeln Tonhöhe.

Wir fühlen Liebe in uns strömen,
uns wegblasen,
und wir inspirieren sie.

 

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FEUER

Licht fällt ein in wechselnden Opazitätsgraden.
Licht verblasst, indem es hell erleuchtet.
Keine wirklich finstere Finsternis.
Nur Eindrücke, Einschläge, verlorene Überreste.

Das Ritual der Regeneration.

Wir suchen nach Hinweisen,
in Mineralien gelöste Botschaften
von Ahnen eingraviert,
interstellarer Staub gemischt mit Meeresbodensediment.
Photonen, die auf uns aus der Vergangenheit zurasen,
zerstreut, verdunkelt, abgelenkt.

Sammeln ein, was wir nicht brauchen und verkneten es.
Stückchen bleiben haften, wie feuchter, klebriger Teig.

Das Fossil hat schon einmal seine Zerstörung verschlafen,
nun fordert es, wir sollen unsre Schatten wecken,
wo Liebe flackert und blitzt wie eine Laterne bei Dämmerung.

Finsternis, die über uns einbricht, bis wir im Schoße des Bergs einschlafen.
Wir festigen unsere zirkadianen Zyklen,

öffnen die Augen und blinzeln, solares
Erwachen. Ein Wachsein.

Liebe schmiert Rot auf unsere Herzen,
wie Kurkuma und Kalk ans Tor eines Schreins.

 

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RAUM

Null mal Unendlichkeit ist verwirklichte Leere.
Der Trommler greift in den Äther, ruft bla zurück.
Das bla sah vierhundert heilige Stätten und kehrte heim.
Tritt in uns ein.
Erdengeister erscheinen aus dem Gefäß, inszenieren Zeit.
Wir erheben uns, hybride Wesen.
Urwüchsig, verzaubert.

Unsere Schenkel sind schmelzende Hänge, aus denen Flüsse strömen.
Unsere Bäuche sind Tempel nach Tempel, wie Zungen in Blütenblättern geweiht.
Unsere Brüste sind Wolkenbergformationen.
Unser Herz ist ein See, unser Blut – Lake.
Unsere Achselhöhlen sind Brunnen, in die du deine Seile gelegt hast.
Unsere Zungen sind Rauch und unsere Augen konzentrische Kreise deines Windens, Findens.

Körper ist Feld
für den Fall von Meteoriten
– Eisenkeile des Schicksals –
wie ein Spiegel Entfernung markiert.
Entfernung muss Liebe sein.
Das ist das Gemeingut des Andersseins.

Zeit vergeht.
Noch eine Katastrophe.
Ein Krater in unsrem Bewusstsein.

Und wieder denken wir Welt aus.
Wir Kunst.

 

 

Aus dem Englischen übersetzt von Yevgeniy Breyger